Allgemein

Freie Wohlfahrtspflege und 75 Jahre Grundgesetz

Im Zentrum der Veranstaltung am 9. September stand die Frage: Ist die Würde des Menschen unantastbar? Das Grundgesetzt (GG) besteht nunmehr seit 75 Jahren und bildet einen der Grundpfeiler unseres gesellschaftlichen Zusammenlebens. Wie steht es nun aber aktuell mit der Menschenwürde, insbesondere mit Blick auf die gesellschaftspolitische Entwicklung, den jüngsten Wahlergebnissen in Sachsen und Thüringen und den angekündigten Budgetkürzungen gerade im sozialen Bereich.

Sowohl die Bürgerschaftspräsidentin Antja Grotheer als auch Sozialsenatorin Dr. Claudia Schilling betonten in ihren Grußworten, wie wichtig es ist, die Gründe für die Entstehung des Grundgesetzes, Schrecken, Gewalt und Terror, nicht zu vergessen. Die Arbeit der Wohlfahrtsverbände steht für gelebte Demokratie für die Integration, die Teilhabe und die Unterstützung von Menschen jedweden Alters. Schilling lobte die gute Zusammenarbeit in der Bremer Wohlfahrt, ging aber auch auf die schwierige finanzielle Lage und die aktuellen Haushaltskürzungen ein. Welche Auswirkungen genau die Mittelkürzungen nach sich ziehen werden, wird sich wohl erst in den nächsten Wochen zeigen. Die LAG setzt sich dafür ein, so viele Angebote wie möglich aufrechtzuerhalten. Eine auskömmliche Finanzierung und die Anerkennung von Tarifabschlüssen ist hierbei die Voraussetzung.

Vizepräsidentin des Deutschen Roten Kreuzes als Ehrengast

Ehrengast beim diesjährigen LAG-Empfang war Ulrike Würth, Vizepräsidentin beim Generalsekretariat des Deutschen Roten Kreuzes. In ihrem Impulsvortrag beleuchtete sie, welche Rolle die Würde des Menschen im Verständnis der Wohlfahrtspflege spielt. Sie rief dazu auf, weiterhin gemeinsam für diejenigen einzutreten, die Unterstützung benötigen. Außerdem regte sie an, dass die Freie Wohlfahrtspflege, jede Institution für sich, aber auch alle zusammen, ihre Bedeutung für die Gesellschaft stärker nach außen tragen und ein starkes Zeichen für Demokratie, für Toleranz und für eine vielfältige Gesellschaft setzen sollte.

Der diesjährige LAG-Jahresempfang war außerdem gekennzeichnet durch die Übergabe des Vereinsvorsitzes. Der langjährige Vorstandsvorsitzende der LAG, Martin Böckmann, Direktor bei der Caritas Bremen, übergab sein Amt und damit den Vorsitz an Bernd Blüm, Vorstandsvorsitzender beim DRK-Kreisverband Bremen. Der Vorstand besteht aus Vertretern der Mitgliedsverbände der LAG: AWO Bremen, Caritas Bremen, Paritätischer Bremen, DRK Bremen, Diakonisches Werk Bremen und Jüdische Gemeinde Bremen.

Am Freitag, den 30. August 2024 folgte Bürgermeister Dr. Bovenschulte der Einladung des

LAG-Vorstands zu einem Austausch über die soziale Arbeit der Wohlfahrtsverbände.

Die Wohlfahrtsverbände im Land Bremen beschäftigen ca. 30.000 hauptamtliche und mehr als 12.000 ehrenamtliche Personen. In über 1100 Einrichtungen werden vielfältige Angebote z. B.

in der Altenhilfe, Gesundheitshilfe, in der Arbeit mit Kindern, Jugendlichen, Menschen mit Behinderung oder psychischen Erkrankungen, in der Familienhilfe und in der Arbeit mit Geflüchteten realisiert. Deshalb standen im Zentrum des Gespräches auch die fiskalischen Herausforderungen des Landes und seiner beiden Kommunen.

Die LAG wies darauf hin, dass die Wohlfahrt für gute Arbeitsbedingungen und gute Bezahlung der Mitarbeitenden steht und den Tarifvereinbarungen der öffentlichen Tarifwerke verpflichtet ist bzw. diese zur Anwendung kommen.  Deshalb geht die LAG davon aus, dass Tariflöhne trotz einer angespannten Haushaltslage weiterhin refinanziert werden.

Es muss ebenso sichergestellt sein, dass die notwendige, soziale Infrastruktur im Land Bremen leistungsfähig bleibt und auch zukünftig mit guten qualitativen Standards betrieben werden kann.

Der Bürgermeister führte aus, wie wichtig die Wohlfahrtsverbände für das Land sind und eine weitere Zusammenarbeit unerlässlich sei. Es wurde gemeinsam vereinbart, über die kommenden Herausforderungen weiterhin eng im Gespräch zu bleiben.

Es ist bekannt, dass sich Senat und Koalition in schwierigem finanzpolitischem Umfeld bewegen und durch verschiedene, sich überlagernde Krisen die Handlungsspielräume geringer geworden sind. Dennoch kritisiert die Landesarbeitsgemeinschaft der freien Wohlfahrtspflege e.V. entschieden das haushalterische Wechselspiel der Behörden innerhalb von fünf Wochen.

Durch die Verabschiedung des Haushalts 2024 in der Sitzung der Bremischen Bürgerschaft am 20.06.2024 bestand die Hoffnung, dass nun Handlungssicherheit für die Träger von Sozialer Arbeit und für die vielen Kitas besteht. Die Haushaltssperre führt wieder zu Unsicherheiten und zu einer Zitterpartie für die Träger, die Mitarbeitenden und vor allem bei denen, die die Angebote nutzen.

Eine Haushaltssperre verpflichtet zu restriktiver Haushaltsführung. Erlaubt sind nur zwingend erforderliche Ausgaben, um bestehende Einrichtungen zu erhalten sowie gesetzlich vorgeschriebene und vertraglich bindende Verpflichtungen zu erfüllen[1].

Was bedeutet dies für das Sozialressort?

Die Landesarbeitsgemeinschaft der freien Wohlfahrtspflege e.V. geht davon aus, dass alle bisher bewilligten Projekte ihre Arbeit in 2024 fortsetzen können.

Was geschieht aber mit den Projekten, bei denen bisher kein Bewilligungsbescheid vorliegt?

Den Projekten würden somit insgesamt bis zu 12% der Finanzierung fehlen. Diese Summen sind nur durch Personaleinsparungen zu realisieren und damit durch weitere Einschränkungen bei den Angeboten. Betroffen hiervon sind Menschen, die oft nicht auf der Sonnenseite des Lebens stehen und auf Unterstützung, Beratung und Aufenthaltsorte außerhalb der Familie dringend angewiesen sind.

Die Verunsicherung bei den Trägern ist hoch!

Was bedeutet dies für das Bildungsressort?

In Bremen fehlen zum neuen Kindergartenjahr ca. 1.300 Plätze[3]. Was bedeutet es, wenn nur das Notwendigste durchgeführt werden darf?

 

Der Rechtsanspruch auf Kindertagesbetreuung rückt, durch die Haushaltssperre, für Viele weiterhin in die Ferne.

 

Für die Träger frühkindlicher Bildung ist eine langfristige Planbarkeit nicht gegeben. Viele Fragen sind offen. Die Verunsicherung ist hoch.

 

Die LAG fordert daher eine umgehende Aufklärung zu der Bedeutung der Haushaltssperre für die Arbeit vor Ort, in den Stadtteilen, in der Beratung, mit Kindern, Jugendlichen und all denen, die Unterstützung benötigen. Nicht zuletzt aber auch für die Träger und ihre Mitarbeitenden selbst.

[1] vgl. https://www.senatspressestelle.bremen.de/pressemitteilungen/senat-beschliesst-haushaltssperre-148606 

abgerufen am 29.07.24

[2] ein entsprechender Brief aus der Sozialbehörde wurde am 01.07.24 versendet

[3] https://www.tagesschau.de/inland/regional/bremen/rb-1-300-kinder-in-bremen-ab-august-voraussichtlich-ohne-kitaplatz-100.html abgerufen am 29.07.24

Haushaltssperre beunruhigt freie Träger von Bremer Kitas – buten un binnen

buten un binnen | regionalmagazin – buten un binnen Ab Minute 3:11

Ein Großteil des Eingliederungsbudgets für die Förderung von Arbeitsuchenden ist bereits ausgeschöpft. Neue Maßnahmen zur Eingliederung von Arbeitssuchenden sind kaum mehr möglich und das bei steigenden Arbeitslosenzahlen. Im April 2024 betrug die Arbeitslosenquote 11,1% und buten un binnen titelte: „Bremen im April mit bundesweit höchster Arbeitslosenquote“1. 

Was wird aus den Menschen, die Unterstützung benötigen und auf Weiterbildungs- und Beschäftigungsmaßnahmen hoffen, um sich für den Arbeitsmarkt zu qualifizieren? 

Stabilisierung im Alltag entfällt! 

Menschen, die sich aktuell in Maßnahmen befinden und bei denen ggf. keine Verlängerung mehr möglich sein wird, verlieren ihre Tagesstruktur. Damit einher geht die Möglichkeit verloren, berufliche Anerkennung zu erfahren, etwas Sinnvolles zu leisten und gesellschaftlich etwas beizutragen. Der Austausch mit anderen Menschen wird reduziert und die Möglichkeit berufliches Wissen aufrechtzuerhalten und zu erweitern entfällt.  

Keine (Re-)Integration in den Arbeitsmarkt!  

Menschen, die von Arbeitslosigkeit betroffen sind und sich über Qualifizierungsmaßnahmen neue Kenntnisse aneignen möchten, um der Transformation auf dem Arbeitsmarkt gerecht zu werden, müssen mindestens sechs Monate warten, bis vielleicht ein neues Budget zur Verfügung steht.  

Maßnahmen zur schrittweisen Integration in den Arbeitsmarkt entfallen und somit auch der Erwerb von Kenntnissen und Fähigkeiten, die für den Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt notwendig sind. Der Beginn in ein Leben mit verlässlicher Tagesstruktur rückt erneut in die Ferne. Arbeitslosigkeit wird weiterhin gefestigt und das Vertrauen in öffentliche Institutionen und Maßnahmen sinkt weiter. Was bleibt ist Hoffnungslosigkeit bei den Betroffenen und letztendlich ein finanzieller Schaden für die Gesellschaft, da eine Reintegration in den Arbeitsmarkt zeitlich verschoben oder möglicherweise ganz verhindert wird. 

Folgewirkung für das Gemeinwohl katastrophal! 

Beschäftigungsmaßnahmen für Langzeitarbeitslose finden oft in niedrigschwelligen Angeboten auf Stadtteilebene statt. Diese Angebote dienen oft als Begegnungsstätten für Anwohner*innen, sie bieten kostengünstige Mittagstische an und organisieren Hausaufgabenhilfen, sie unterstützen bei Bewerbungen und Behördengängen. Viele Maßnahmen kommen somit indirekt auch Menschen zugute, die von Armut bedroht sind. Ab August könnte bei vielen der Projekte das Licht ausgehen, da die durch Beschäftigungsmaßnahmen geförderten Mitarbeitenden nicht mehr durch das Jobcenter unterstützt werden. Die Folgewirkungen in den Stadtteilen sind aktuell nicht absehbar. 

Qualifizierungsträger nicht mehr liquide? 

Für die Weiterbildungs- und Qualifizierungsträger in Bremen ist die Nachricht des Jobcenters existenzbedrohend, denn unter diesen Vorzeichen steht ihre Wirtschaftlichkeit auf dem Spiel. Bestehende Strukturen und Vernetzungen des Qualifizierungssektors und von Maßnahmeträgern sind in Gefahr, denn Insolvenzen drohen. Dabei sind diese doch gerade im Bundesland mit der höchsten Arbeitslosenquote dringend notwendig. Zerstörte Strukturen können weder schnell noch kurzfristig wieder aufgebaut werden. Entschieden verwehren wir uns dagegen, das Versagen des Jobcenters auf die Qualifizierungsträger abzuwälzen und die Wirksamkeit der vielfältigen Maßnahmen generell in Frage zu stellen. 

 Forderungen der LAG: 

Um die Folgeschäden aller Beteiligten so gering wie möglich zu halten, ist eine schnellstmögliche Aufklärung und Information notwendig. „Wir fordern das Jobcenter aber auch die Bundesagentur für Arbeit, die Senatorin für Arbeit sowie den gesamten Senat auf, alles zu tun, um weiterhin Beschäftigungs- und Bildungsmöglichkeiten für Menschen, die ihre Rückkehr in den Arbeitsmarkt gestalten wollen, sicher zu stellen“, sagt Imke Sonnenberg, Vorstandsreferentin der LAG. 

Angesichts der geplanten weiteren Kürzungen bei den Jobcentern durch den Bund bitten wir den Senat auf Bundesebene alles daranzusetzen, um die Jobcenter finanziell so auszustatten, dass diese ihre gesetzlichen Aufgaben auch erfüllen können. Die weiteren geplanten Kürzungen auf Bundesebene haben für Bremen (anders als in einigen anderen Bundesländern mit geringerer Arbeitslosenquote) drastische Auswirkungen auf die Möglichkeiten der Integration von Menschen in ein geregeltes Arbeitsleben.  

Die Landesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege Bremen e.V. (LAG) ist die Dachorganisation der Träger der Freien Wohlfahrtspflege in Bremen. Die Mitgliedsverbände mit ihren rund 40.000 Beschäftigten in allen Feldern der sozialen Arbeit engagieren sich mit der LAG dafür, Verbesserungen in individuellen Lebenslagen zu erzielen, die Solidarität und soziale Integration der Menschen zu fördern und die Beteiligung von Bürger*innen an sozialen und gesellschaftlichen Verhältnissen voranzubringen. Die LAG sichert mit ihren Verbänden elementare Teile der sozialen Infrastruktur.

Zur Verabschiedung der Bremischen Haushalte für das Jahr 2024 in der Sitzung der Bremischen Bürgerschaft am 20.06.2024 nimmt die LAG wie folgt Stellung:

Die Landesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege Bremen e.V. erkennt an, dass sich Senat und Koalition in schwierigem finanzpolitischem Umfeld bewegen und durch verschiedene, sich überlagernde Krisen deutlich weniger Handlungsspielräume haben. Trotz dieser schwierigen Umfeldbedingungen haben sich Senat und Koalition sozialpolitisch für Ausgleich und Fortbestand der bestehenden sozialen Infrastruktur bemüht.

Dennoch sind aus Sicht der LAG einige Bereiche des Bremer Haushalts kritisch zu bewerten. Dies geschieht vor allem vor dem Hintergrund einer hohen Armutsquote im Land, insbesondere von weiter anwachsender Kinderarmut. Soziale Lagen vieler Bremer und Bremerhavener Bürger*innen haben sich in den letzten Jahren verschärft: die Gewalt in Familien hat nachweislich zugenommen, eine steigende Anzahl von Jugendhilfemaßnahmen ist zu beobachten, die Herausforderungen von jungen Menschen mit Fluchthintergrund und/oder Armutslagen sind groß und gefährden ihre gesellschaftliche, schulische und berufliche Integration, um hier nur einige Problemstellungen aufzuzeigen.

Hier gilt es nach wie vor entschieden und frühzeitig gegenzusteuern, und das gelingt mit dem vorliegenden Haushalt nur in Teilen. Die LAG fokussiert sich in ihrer Stellungnahme auf diese Themen:

 

Offene Jugendarbeit mehr als bisher als Investition in die Zukunft anerkennen!

Zwar konnten massive Kürzungen in der offenen Kinder- und Jugendarbeit mit diesem Haushalt vermieden werden, jedoch reicht der angekündigte Aufwuchs der Mittel für die offene Jugendarbeit nicht aus, um die tariflichen Steigerungen im Personalbereich sowie die gestiegenen Energiepreise und Sachkosten umfänglich zu kompensieren. Somit können weitere Schließtage und Personalreduzierungen nicht vollständig verhindert werden. Und: notwendig wäre ein Ausbau der offenen Jugendförderung, um insbesondere die Jugendlichen noch besser zu erreichen, die auf ein Mehr an Unterstützung aufgrund ihrer sozialen Lage oder ihrer biographischen Belastungen angewiesen sind. Auch der Anstieg rechtsextremer Einstellungen bei Jugendlichen wie ihn einige Studien jüngst belegen erfordert einen Ausbau der Jugendförderung.
Sorgen bereitet derzeit der Haushalt für das Jahr 2025, hier ist mit weiteren Kostensteigerungen zu rechnen, die bei einem geplanten Überrollen der Ansätze nicht aufgefangen werden können und zu weiterer Reduktion des Angebots führen werden.

 

Kita-Ausbau gefährdet – frühkindliche Bildung substanziell besser fördern!

Kindertagesbetreuung ist das Fundament früher Bildung und Erziehung von Kindern. Darüber hinaus

schafft sie verlässliche Betreuungszeiten, auch zur Sicherstellung der Erwerbstätigkeit von Eltern

In Bremen muss die Kindertagesbetreuung einem weiteren Auftrag genügen. Sie muss einen Beitrag zur Reduzierung von Armut leisten. Dies kann langfristig nur gelingen, wenn Kindertagesbetreuung qualitativ und personell gut ausgestattet ist.

Deshalb ist ein quantitativer und qualitativer Ausbau der Kindertagesbetreuung zur Erreichung dieser Ziele unerlässlich. Das hat der Senat zwar erkannt, jedoch gehört zwingend auch eine langfristige, dynamische und sichere Finanzierung dazu. Übrigens auch, um den Rechtsanspruch auf Kindertagesbetreuung schnellstmöglich zu realisieren.

In Bremen wird die Kindertagesbetreuung in Kitas und Elternvereinen noch über Zuwendungen finanziert. Andere Bundesländer haben die damit verbundenen Unsicherheiten erkannt und Kitas und Elternvereine in die Entgeltfinanzierung übernommen. Wir fordern daher, endlich die Kita-Finanzierung aus dem Zuwendungsbereich herauszunehmen und in die Entgeltfinanzierung zu überführen. Hieraus würde eine langfristige Planungssicherheit für die Träger resultieren, was eine positive Wirkung sowohl für die langfristige Bindung von Fachkräften, die Ausbildung von Erzieher*innen und den schnellstmöglichen Ausbau von Kita-Plätzen nach sich ziehen würde. Dass es auch mit diesem Haushalt kein eindeutiges Bekenntnis zur Entgeltfinanzierung gibt, ist aus Sicht der LAG mehr als bitter.

 

Pflege im Quartier stagniert!

Erst in der letzten Legislatur hatte der Senat sich zu einem Paradigmenwechsel in der Pflege entschieden: Mit dem Konzept Pflege im Quartier „für ein Selbstbestimmtes und sozial eingebundenes Leben von Senior*innen“, sollten teilhabeorientierte, vorpflegerische und ambulante Maßnahmen strukturell gestärkt werden, um älteren Menschen ein Leben in den eigenen vier Wänden so lange wie möglich zu ermöglichen und stationäre Unterbringungen mindestens hinauszuzögern. Angesichts des gravierenden Fachkräftemangels in der Pflege bei gleichzeitigem Aufwuchs an Pflegebedürftigen ist dieser Paradigmenwechsel hin zur Sorgenden Gemeinschaft ein Muss. Dass es hier keine erheblichen Bemühungen geben wird, ist vor dem Hintergrund der kommenden Entwicklung nicht zu verantworten: Der Landespflegebericht legt Zahlen vor, wonach 2031 der geburtenstärkste Jahrgang in Rente geht. Aktuell sind 30% der Pflegekräfte über 55 Jahre alt. Eine vorausschauende Weiterentwicklung in der Pflege, die diese Bevölkerungsentwicklung der kommenden Jahre berücksichtigt, ist daher dringend notwendig. Der Mangel an Pflegeplätzen wirkt sich gravierend auf die Erwerbsbeteiligung insbesondere von Frauen aus, wenn Arbeitnehmende ihre Arbeitszeiten reduzieren, um pflegebedürftige Angehörige zu versorgen oder sogar ihre Berufstätigkeit ganz aufgeben müssen. Nun – so ist es im Haushalt nachzulesen, wird kein weiteres Geld für den Auf- und Ausbau des Konzeptes in den Stadtteilen Bremens und Bremerhavens aufgewendet. Wir fordern den Senat auf, diese falsche Weichenstellung mit dem Haushalt 2025 zu korrigieren.

Vor dem Hintergrund der stetig anwachsenden Herausforderungen in der Altenarbeit und Pflege ist es aus Sicht der LAG auch nicht nachvollziehbar, warum die Koordinierungsstelle der Bremer Pflegeinitiative nicht weiter abgesichert worden ist.

 

Sozialökologische Transformation

Die LAG begrüßt, dass der bremische Haushalt über ein Sondervermögen die klimaneutrale Transformation der Wirtschaft unterstützen wird.

Auch die Sozialwirtschaft muss in die Lage versetzt werden, sich klimaneutral aufzustellen. Hier bedarf es Anreizsysteme und Förderprogramme, denn nur so können die erforderlichen zusätzlichen investiven Maßnahmen, die nicht über Entgelte oder Eigenanteile abgebildet werden können, umgesetzt werden.

Imke Sonnenberg (Vorstandsreferentin LAG FW) und João Ernesto Guerreiro (AWO Bremen) im Gespräch mit der Europaabgeordneten Katrin Langensiepen.

Im Martinsclub in Vegesack folgten 35 Personen den Ausführungen von Frau Langensiepen zum Green Deal. Die EU hat sich zum Ziel gesetzt bis 2050 klimaneutral zu sein.

Wie kann dieses Ziel realisiert werden, wenn die Akteure der freien Wohlfahrts-pflege den gesetzlichen Regelungen der Gemeinnützigkeit unterliegen? Wenn die Dienstleistungen über Leistungsentgelte finanziert werden, d.h. der Leistungserbringer nicht frei in der Kostenkalkulation ist? Oder wenn Leistungen über Zuwendungen finanziert werden, die zeitliche befristet sind. Investitionen in den Klimaschutz sind bisher nicht refinanziert.

Nachhaltigkeitsziele sollten daher im Sozialrecht verankert werden, so Imke Sonnenberg, um die Refinanzierung überhaupt erst zu ermöglichen. Die Sanierung von Pflegeeinrichtungen, von Jugendfreizeitheimen oder Unterkünften für Geflüchtete zu energieeffizienten Einrichtungen, wird kostspielig.

Der im Green Deal enthaltene Klima-Sozialfonds soll 2026 aufgelegt werden, um Menschen in prekären Lebenslagen zu unterstützen und dafür Sorge zu tragen, dass der Wandel sozial gerecht durchgeführt wird. Hierbei ist darauf zu achten, so Sonnenberg und Guerreiro, dass Informationen weit verbreitet werden, dass die Antragstellung niedrigschwellig durchgeführt werden kann und ohne Bürokratie-aufwand abläuft. Nur so kann gewährleistet werden, dass das Geld auch den Personen zugutekommt, die es dringend benötigen.

Die freie Wohlfahrtspflege in Bremen, als großer Arbeitgeber, wünscht sich eine klimaneutrale Transformation der Sozialwirtschaft, analog zu der der Stahlwerke, für energetische Sanierungsmaßnahmen, um soziale Dienstleistungen, bei denen der Mensch im Mittelpunkt steht, anbieten zu können. Dieses wünscht sich Sonnenberg zum Abschluss der Veranstaltung.

Moderiert wurde die Veranstaltung von Heiner Schomburg.

Gemeinsam mit den Unternehmensverbänden im Lande Bremen, dem Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste e.V. (bpa) und der Handelskammer Bremen – IHK für Bremen und Bremerhaven lud die Landesarbeitsgemeinschaft der freien Wohlfahrtspflege e.V. am 8. Mai 2024 zu einer Podiumsdiskussion ein. Hier wurde über den Versorgungsmangel in der Pflege und die Auswirkungen auf die Wirtschaft thematisiert. Rund 70 Personen folgten den Ausführungen.

Frau Senatorin Bernhard diskutierte angeregt mit Martin Böckmann (LAG), Sven Beyer (bpi), Prof. Dr. Irene Gerlach (Forschungszentrum Familienpolitik, Münster) und der Personalleiterin der BSAG, Frau Ulrike Wagner.

Jeder 6. Pflegeplatz kann laut aktuellem Landespflegebericht nicht belegt werden. Diese Situation wirkt sich auch auf die Wirtschaft aus, da zunehmend Mitarbeitende in Unternehmen die Arbeitszeit reduzieren, um die Versorgung von Angehörigen zu übernehmen. Wie kann man dem Begegnen und die Situation verbessern?

Ausbildung, Ausbildung, Ausbildung war eines der Stichworte. Darüber hinaus mehr Vernetzung auf Stadtteileben und gute, niedrigschwellige Informationssysteme über Angebote, Leistungen und die jeweilige Antragsstellung.

Mitarbeiterbindung und -gewinnung, so Frau Prof. Gerlach, sei das Resultat, wenn Firmen Maßnahmen anbieten, die es den Mitarbeitenden ermöglichen pflegerische Anteile bei ihren Angehörigen zu übernehmen.

Auch wenn viele Stellschrauben auf der Bundesebene liegen, haben Politik, Verwaltung, Verbände und Wirtschaft vor Ort durchaus Gestaltungsspielraum. Diesen gilt es durch eine konstruktive Zusammenarbeit zu nutzen!

Gemeinsam mit dem bpa, der Handelskammer und den Unternehmensverbänden im Land Bremen lädt die LAG zu folgender Veranstaltung ein:

Wer für seine Angehörigen keinen Pflegeplatz findet, fehlt morgen selbst bei der Arbeit

– wie der Versorgungsmangel in der Pflege der Gesamtwirtschaft schadet

8. Mai 2024 um 16:30

ATLANTIC Grand Hotel Bremen

Weiter Informationen zur Anmeldung und zum Ablauf entnehmen Sie bitte dem Dokument zum Download.

„Diese Arbeit war für mich immer mehr als nur ein Job, es war eine Passion!“

Nach vielen engagierten, streitbaren und erfolgreichen Jahren der Zusammenarbeit mit der LAG stellt sich Sara Dahnken nun neuen beruflichen Herausforderungen.

Für die LAG war sie als Delegierte im Jugendhilfeausschuss vertreten und hat sich u.a. in dem AK Jugendförderung für die Belange von Kindern und Jugendlichen eingesetzt. Zum Abschied betonte sie: „Versucht weiterhin miteinander zu kommunizieren und zusammen etwas zu schaffen, auch wenn die Interessen unterschiedliche sind“.

Wir danken Sara Dahnken für ihre langjährige Unterstützung und ihren unermüdlichen Einsatz im Sinne der Kinder und Jugendlichen im Land Bremen und wünschen ihr spannende Aufgaben in ihrem neuen beruflichen Kontext.

Willkommen neue Kolleginnen und Kollegen

An der Hochschule Bremen wurden am 29.02.24 insgesamt 23 Studierende mit dem Bachelor in Sozialer Arbeit verabschiedet. Ab dem 01.03. starten sie in ihre berufliche Zukunft. Die meisten von ihnen bei dem Träger, bei dem sie bereits während ihres Studiums in der Praxis tätig waren.

Zwei dieser Studierenden haben ihren Studienplatz über die LAG erhalten. Hannah Höftmann arbeitete während ihres Studiums im St. Theresienhaus Kinder- und Jugendhilfe und Niklas Grahl bei der Caritas-Erziehungshilfe gGmbH.

Als Vertreterin der LAG war Frau Gabriele Witte von der Caritas-Erziehungshilfe gGmbH für die Organisation und Umsetzung der Veranstaltung mitverantwortlich.

In ihrer Abschiedsrede betonte sie, gemeinsam mit Frau Ehebrecht vom AfZ, die starke Verzahnung von Theorie und Praxis in diesem Studiengang. Sie bedankte sich für die tolle Zusammenarbeit mit der Hochschule und den gemeinsamen Willen in schwierigen Situationen gemeinsame Lösungen zu finden. Der Studiengang lebt vom Engagement und von der Begeisterung aller Beteiligten.

Aufgrund des großen Erfolges werden im kommenden Studiengang sieben Studienplätze über die LAG vergeben.

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